Buchrezension: Übungsbuch Natural Horsemanship von Jenny Wild und Peer Claßen

Jenny Wild und Peer Claßen, ein Natural Horsemanship Trainer Duo, das ihren Fokus auf eine tiefe Vertrauensbasis und eine echte Freundschaft zwischen Pferd und Mensch legen. In Ihrem “Übungsbuch Natural Horsemanship” erklären die beiden Schritt für Schritt einen sanften Einstieg in die Welt des Natural Horsemanship. Die Grundlage dafür bietet ein völlig neues Grundverständnis vom Partner Pferd und viele facettenreiche Übungen, die vor allem den Menschen schulen sollen, besser mit dem Pferd zu kommunizieren. Ergänzend zum Buch gibt es eine umfangreiche Videosammlung, die via QR-Code immer direkt zum jeweiligen Kapitel angeschaut werden kann.

Das Buch startet mit einem Vorwort von Markus Eschbach, der das Reiten mit dem Surfen vergleicht. Ein sehr schöner Vergleich, der zeigt, dass wenn man etwas so mächtiges wie eine Welle nicht beherrschen kann, man sich selbst anpassen muss, um auf ihr zu reiten.

Es folgt eine kleine Einführung zum Thema Pferd, Natural Horsemanship (NHS) und zum Umgang mit diesem Buch. Zu Beginn wird gleich klar, dass ein sehr starker Fokus auf dem Verständnis des Pferdes und dessen natürlichen Eigenschaften und Instinkten liegt. Auf Grundlage des vollkommen natürlichen Verhalten der Pferde, versucht das NHS nun eine Kommunikation zwischen Mensch und Pferd herzustellen, die genau diese Schwierigkeiten in unserer Menschenwelt überbrücken soll. Die im Buch vorgestellten Übungen, sollen dafür die Türen öffnen. Es stellt einerseits ein sehr umfangreiches Selbstlernsystem dar, andererseits weisen die Autoren ausdrücklich daraufhin, dass beim Umsetzen Flexibilität und Einfühlungsvermögen erforderlich sind. Denn der Umgang mit Pferden, so die Autoren, ist komplex und lässt sich nicht in Menschenschemata rein zwängen.

“Pferde sind von Natur aus skeptisch, klaustrophobisch und unsicher. Sie bekommen Panik und schauen erst dann, ob es nötig war. Deshalb scheiden sie eigentlich schon von vornherein für ein Leben mit Menschen in deren Lebensraum aus.” (S. 6).

Weiter geht’s mit der Grundausstattung, die für den Einstieg benötigt wird. Es werden die NHS typischen Hilfsmittel, ein Knotenhalfter, ein 4m langer Strick und ein Horsemanship-Stick benötigt. Anschließend wird das Aufhalftern und das Handling des Seils und des Sticks erklärt. Erfahrene Pferdehalter werden sich an dieser Stelle vielleicht ein wenig unterfordert fühlen, da das Aufhalftern in Ihren Augen keine sonderbar schwere Aufgabe darstellt. Allerdings erklären die Autoren sehr genau, dass bereits diese alltägliche Nebensächlichkeit viel Aufschluss über die Pferd-Mensch Beziehung geben. Reaktionen, wie Kopf wegziehen, sich groß machen, Weglaufen etc. bieten direkt eine Grundlage mit dem NHS Training zu beginnen, deshalb sollten auch die simpelsten Übungen im Buch, mit viel Aufmerksamkeit betrachtet und umgesetzt werden. Sehr gelungen sind die genauen Schritt für Schritt Durchführungsanleitungen, die durch viele Bilder ein genaues Gefühl vermitteln, wie es aussehen sollte. Zusätzlich kann sich der Leser, wie weiter oben bereits erwähnt, die vorgestellten Übungen via QR-Code als Video ansehen. Dafür möchte ich gern ein sehr großes Lob aussprechen, denn aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass die Umsetzung allein aus einem Buch, sehr schwierig ist. Videomaterial prägt man sich zudem viel besser ein.

“Wenn Pferdebedürfnisse und menschliche Wunschbilder aufeinander treffen, reagieren beide Seiten in der Regel über: Es entsteht zu viel Forderung auf der einen Seite und zu viel Gegenwehr auf der anderen. Konfrontation und Frust sind die Folge.” (S.27)

Weiter geht es im nächsten Kapitel mit dem ABC der Pferdekommunikation. Es werden im folgenden Abschnitt drei Basis-Bausteine erläutert, welche die Grundlage einer besseren und vor allem sanften Kommunikation mit dem Pferd darstellen. Im Unterschied zu anderen Trainingskonzepten, werden dem Pferd hierbei keine Aufgaben oder Befehle erteilt, die Autoren stellen Fragen und das Pferd antwortet entsprechend mit einer Reaktion. Ziel ist es, mit einer sanften Drucksteigerung beim Fragestellen, dem Pferd die Tür zu öffnen, die richtige Antwort zu geben. Anschließend wird der Druck sofort fallen gelassen und das Pferd bekommt die verdiente Pause als Belohnung. Diese Vorgehensweise zieht sich durch das gesamte Übungsmaterial. Dabei kann die Frage entweder mit direktem oder mit indirektem Gefühl erfolgen. Als besonders wichtig gilt der eigene Fokus und die Gedanken beim Fragestellen. Für mich persönlich der schwierigste Teil, denn die eigenen Gedanken und Emotionen zu steuern, ist eine große Herausforderung. Die Autoren liefern in diesem Kapitel anschließend eine sehr wichtige Übung, die allerhand Probleme im alltäglichen Umgang lösen kann. Das Konzept “Du bist nicht gemeint”, angelehnt an Pat Parellis Friendly Game, soll dem Pferd glaubhaft vermitteln, dass in bestimmten Situationen keine Reaktion gefordert ist. Diese Übung lässt sich, so die Autoren, bei nahezu allem einsetzen, womit Pferde Probleme haben könnten: Berührungen, Gegenstände, Stillstehen, Angstreaktionen etc. Ich selbst kann an dieser Stelle nur zustimmen. Mein Pferd lies sich in der letzten Zeit zunehmend schlechter am Kopf berühren. Mit der vorgestellten Übung konnte ich ihn binnen weniger Minuten wieder den Schopf kämmen, ganz ohne Gezerre und Gegenwehr. Er hat begriffen, dass keine Reaktion nötig ist und dass er sofort wieder in Ruhe gelassen wird, wenn ich fertig bin.

Das Nächste Kapitel umfasst das Thema Sicherheit. Die dort vorgestellten Übungen regeln eine gewisse Grundordnung zwischen Mensch und Pferd, gemäß dem Motto “wer bewegt wen?”. Es wird zunächst die Private Zone vorgestellt, die einen gewissen Raum zwischen Pferd und Mensch schafft. Anschließend erklären die Autoren, wie die Hinterhand gezielt beeinflusst werden kann, um damit auch in Notsituationen effektiv handeln zu können, ohne dem Pferd am Kopf zu zerren. Das hat zwei Vorteile, einerseits verbindet das Pferd den Menschen nicht direkt mit Schmerz, der über das Knotenhalfter entsteht, wenn es seinem natürlichen Fluchtinstinkt folgen will. Andererseits hat man in den meisten Fällen kaum eine Chance ein Pferd mit reiner Körperkraft zu halten – das Herumschicken der Hinterhand ermöglicht so, ohne Krafteinwirkung das Pferd effektiv zu händeln. Auch diese Übung konnte ich bereits erfolgreich ausprobieren und kann berichten, dass auch in kurzen Fluchtreaktionen aufgrund eines Schreckmomentes das Herumschicken der Hinterhand schnell für eine Entspannung der Situation gesorgt hat. Auch bei mir persönlich half diese Übung, noch viel ruhiger zu bleiben und mich nicht von der Reaktion meines Pferdes anstecken zu lassen. Binnen weniger Minuten konnten wir entspannt weiter gehen.

“Das große Ziel bei allem ist schließlich Partnerschaft und keine Machtausübung.” (S.59)

Das folgende Kapitel betrachtet die Harmonie zwischen Mensch und Pferd genauer. Sich auf das Pferd einlassen, bedeutet verschiedene Informationen und Übungen, die uns selbst helfen sollen, unser Pferd besser zu verstehen. Reaktionen und Verhalten kann dadurch besser gedeutet werden und das Wichtigste anhand dieser Informationen gelingt es uns leichter die eigenen Emotionen zu kontrollieren und die eigene Grundeinstellung zu verändern. Dabei helfen sollen vor allem das “Einfangspiel” und die “Spiegelübung”, zwei sehr kreative Möglichkeiten sich noch besser in die Welt der Pferde einzudenken.

In den folgenden Kapiteln verlassen wir nun die Grundlagen und näheren uns der aktiven Bodenarbeit nach dem NHS Prinzip. Auf den nachfolgenden Seiten werden unzählige Übungen mit und schließlich auch ohne Halfter und Strick vorgestellt. Dabei gibt es die gewöhnten Schritt für Schritt Anleitungen, sowie umfangreiches Videomaterial, dass einen guten Einstieg in die NHS Praxis gewährleisten soll. Vorgestellt werden unter anderem das Zirkelprinzip, das Zielspiel, die Acht, der Slalom, Engpass, Parcours und viele mehr. Das Ergebnis stellt eine sehr feine Kommunikation mit nur wenigen Signalen, die dem Pferd helfen alle Aufgaben zu meistern. Ein besonderer Pluspunkt, die Autoren gehen auch auf mögliche Probleme bei der Umsetzung ein und erläutern genau, wie man zu Reagieren hat. Was ich persönlich besonders gut finde, an einigen Stellen wird dazu geraten, sich bei Überreaktionen seitens des Pferdes professionelle Unterstützung zu holen. Diesen Hinweis finde ich besonders wichtig, denn jedes Pferd ist anders und daher, so auch die Autoren, können die Reaktionen auf bestimmte Übungen verschieden ausfallen. Ein professioneller NHS Trainer kann mit geschultem Blick und Pferdeverstand so manche Situation besser einschätzen und auf sanfte Art und Weise regeln.

Mein Fazit zum Buch: Jenny Wild und Peer Claßen haben mit ihrem “Übungsbuch Natural Horsemanship” eine wundervolle Einführung in die Welt des NHS geschaffen. Das Buch eignet sich sowohl für Anfänger, als auch für Fortgeschrittene. Das Umfangreiche Sammelsurium der verschiedenen Übungen bietet viel Inspiration für die Bodenarbeit, aber auch für den alltäglichen Umgang mit dem Pferd. Sehr schön ist auch der Umgangston, welcher im Buch ausführlich vermittelt mit (z.B. Fragen stellen, anstatt befehlen). Mir persönlich gefällt auch die Einführung in das grundlegende Verständnis der Pferde – das sich Hineinversetzen hilft in schwierigen Situationen nicht emotional zu werden. Eine klare Kaufempfehlung!

Ein kleiner Tipp von mir, das zweite Buch von Jenny Wild: “Von Pferden lernen, sich selbst zu verstehen: Durch Selbsterkenntnis zum Pferdeverständnis” ist eine wundervolle Ergänzung zum Übungsbuch. Viele Aspekte werden nochmal ausführlicher erklärt, vor allem die Emotionalen Komponenten und die natürlichen Verhaltensweisen des Pferdes. Eine Rezension folgt 😉

Infos zum Buch
Originaltitel:Übungsbuch Natural Horsemanship
Autoren:Jenny Wild & Peer Claßen
Verlag: Franckh-Kosmos Verlags GmbH & Co KG
Ort: Stuttgart
Jahr:2015
ISBN: 978-3-440-14073-4

Rezension: Der neue Longenkurs – ein Trainingsprogramm nach den Grundsätzen der Biomechanik des Pferdes von Babette Teschen

Babette Teschen

Babette Teschen

Babette Teschen gibt seit Jahren Seminare und Kurse zum Thema Longieren nach nach den Grundsätzen der Biomechanik des Pferdes, dabei fließen vor allem ihre Kenntnisse als Tierheilpraktikerin in die Trainingsmethoden mit ein. Als umfassende Lektüre zum Trainingskonzept brachte Sie 2008 den ersten “Longenkurs” als PDF Selbst-Lern-Anleitung heraus. Meiner Meinung nach revolutionierte dieser Kurs das Verständnis vom Longieren. Korrigiert mich, falls ich mich irre, aber mir war vorher keine Literatur bekannt, die auf ähnliche sanfte Weise eine so gesunde Selbsthaltung beim Pferd hervorrufen kann – und das vor allem OHNE jegliche Hilfszügel oder Gewalteinwirkungen. Das es funktioniert, bewies vor allem die Geschichte von Lisa Kittler, die ihre Angloaraberstute Pien mit diesem Kurs komplett neu ausbildete.


Im Jahr 2011 kam eine komplett überarbeitete Version, mit noch besseren Bildern, Zeichnungen und dazugehörigen Videos heraus. Ich möchte diesen Kurs im folgenden rezensieren und beziehe mich dabei auf die Version von 2011.

Bestellen kann man den Longenkurs als digitales PDF Dokument über die Internetseite von Babette Teschen und Tania Konnerth www.wege-zum-pferd.de. Zum Lesen steht es einem nun frei, ob lieber ausgedruckt, oder am PC oder etwas komfortabler über ein Tablet. Der knapp 240 Seiten schwere Longenkurs eignet sich meiner Meinung nach nicht zum eben mal durchlesen. Zumindest ab Kapitel 2, indem konkrete Übungen beschrieben werden, sollte die Lektüre, so fern man diese auch aktiv am Pferd anwenden möchte, genaustens studiert werden. Zur Unterstützung bekommt man von der Autorin zahlreiche Videos über ein Internetportal zur Verfügung gestellt. Es empfiehlt sich meiner Meinung nach, diese parallel anzuschauen, um ein genaues Gefühl für die korrekt ausgeführte Übung zu bekommen.

Kommen wir nun zum Inhalt des Longenkurses. Im ersten Kapitel führt die Autorin zunächst allgemein an das Thema Longieren heran. Sie betrachtet dabei vor allem das Problem, dass ein Pferd naturgemäß nicht im Kreis läuft und deshalb die Biegung des Pferdekörpers eine große Herausforderung in der Ausbildung darstellt. Babette Teschen zeigt nun über ausreichend Bildmaterial, wie es nicht aussehen sollte, welche Probleme aus falschem Longieren entstehen und was es mithilfe des Longenkurses zu erarbeiten gilt. Es folgt ein Exkurs über das gute Laufen beim Pferd. Die Autorin lässt hierbei fundiertes Wissen über Anatomie, Physiologie und Biomechanik des Pferdes mit einfließen. Ziel ist, den Leser zu schulen, damit dieser erkennen kann, wann sein Pferd überhaupt gut läuft und was er damit tatsächlich bewirkt. Zudem wird auch schnell deutlich, wozu schlechtes Laufen führt und welche gesundheitlichen Schäden dadurch entstehen. Bereits in diesem Kapitel sollte der Leser die Bilder mit viel Aufmerksamkeit betrachten. Hierbei haben Tablet-Leser einen Vorteil durch die Zoom-Funktion. Der geschulte Blick, so viel kann ich aus eigener Erfahrung sagen, ist bei der Umsetzung des Kurses sehr wichtig. Es werden Begriffe erläutert wie natürliche Schiefe, hohle Seite, Händigkeit und Scherkraft und anschließend deren Bedeutung im Hinblick auf das korrekte Longieren erklärt. Am Ende des Kapitels hat man eine konkrete Vorstellung, davon, wie es richtig aussehen muss. Allerdings merkt man auch schnell, dass dieses Ziel nicht von heute auf Morgen zu erreichen ist. Zudem bekommt man auch ein Gespür dafür, wie schwer das geforderte dem Pferd eigentlich fällt.

Der eigentliche Kurs beginnt nun im Kapitel 2, dem Praxisteil des Longierens. Zu Beginn erläutert Babette Teschen die richtige Ausrüstung und die notwendige Beschaffenheit eines guten Arbeitsplatzes. Sehr detailliert geht sie auf das Thema Kappzaum ein. Ein vernünftiger Kappzaum, der vor allem gut und fest sitzt ist existentiell für die weitere Arbeit. Denn nur so kann die gezielte Einwirkung über die Longe erfolgen. Die Autorin erklärt an dieser Stelle auch die richtige Verschnallung und zeigt auf zahlreichen Abbildungen, wie ein guter Kappzaum zu sitzen hat. Ebenfalls werden Negativbeispiele mit ungeeigneten Ausrüstungsgegenständen, wie dem Stallhalfter gezeigt und erläutert. Anschließend lernt der Leser noch die korrekte Haltung der Longe, sowie die Anwendung der Peitsche. Auch die Zuhilfenahme von Dualgassen, nach Geitner oder dem Körperband nach Tellington-Jones werden kurz angeschnitten. Komplett abgelehnt wird die Verwendung von jeglichen Hilfszügeln. Babette Teschen argumentiert hierbei ausführlich, dass durch eine erzwungene Haltung, keine Selbsthaltung des Pferdes zustande kommt. Zudem fällt ein Pferd, dass seinen Kopf wie gewünscht absenken möchte, schnell hinter die Senkrechte. Diese Argumente werden durch bebilderte Beispiele umfassend belegt.

Es folgt ein besonders wichtiger Abschnitt, die richtige Hilfengebung beim Longieren. Intensiv wird die notwendige Körpersprache, der Einsatz der Stimme, der Peitsche und die Signale über die Longe erklärt. Zahlreiche Bilder mit eingezeichneten Pfeilen sollen beim Verständnis helfen. Das Schwierige hierbei ist, sich immer wieder selbst zu kontrollieren. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass sich eine zweite Person bei der Arbeit schnell bezahlt macht, denn man kann sich unmöglich auf so viele Punkte gleichzeitig konzentrieren. Ich kann auch in diesem Abschnitt nur empfehlen die Bilder zu studieren und sich die richtigen Positionen zu merken. Ein Unterschied zu anderen Lehren des Longierens stellt vor allem die Position auf Höhe des Pferdekopfes dar, aber auch die Hilfengebung mit der Peitsche ist wesentlich komplexer, als ich es von herkömmlichen Lehren kenne.

Nun geht es los, die ersten Übungen werden erläutert. Babette Teschen beginnt mit dem Führen in Stellung (FiS). Eine Lektion, deren eigentlicher Schwierigkeitsgrad erst beim eignen Ausprobieren deutlich wird. Durch diese Übung soll das Pferd schonend an die geforderte Selbsthaltung herangeführt werden. Es folgt das Übertretenlassen der Hinterhand, das langsame Antraben auf engen Kreisen und später dann Schrittweise das Führen auf Entfernung. Kurz gesagt, die Autorin baut das Fundament der eigentlichen Longenarbeit auf. Es ist nun am Leser sich diese Basisübungen zu erarbeiten. Es helfen dabei zahlreiche Bilder und Videos im dazugehörigen Onlineportal.

Im letzten Abschnitt des Kapitels erklärt die Autorin die Basisarbeit an der Longe. Der wichtige Übergang vom Führen in Stellung zum Longieren in Stellung bringt eine neue Herausforderung für das Pferd-Mensch-Gespann. Babette Teschen erläutert die Arbeit gewohnt detailliert mit vielen Bildern zur Illustration. Sie geht auch auf eventuelle Schwierigkeiten ein und bietet Lösungsansätze. Auch die Galopparbeit kommt nun dazu. Es wird umfassend die Dehnungshaltung, aber auch die Versammlung an der Longe erklärt und schnell wird klar, wie Komplex das beschriebene System des Longierens eigentlich ist und wie umfassend das Pferd dadurch bewegt, gymnastiziert und trainiert wird.

Arbeit nach dem Longenkurs

Arbeit nach dem Longenkurs

Im letzten Kapitel, liebevoll das Longengymnasium genannt, wird die Arbeit nun abwechslungsreich und kreativ verfeinert. Das Pferd lernt unter anderem das Anhalten an der Longe, den Appell, das Rückwärtsrichten, aber auch Handwechsel, Volten und Schulterherein. Durch eine lebendige Longeneinheit, so Babette Teschen, bleibt das Pferd aktiv dabei, achtet mehr auf den Menschen und lässt sich besser zum Lernen motivieren. Auch in diesem Kapitel warten zahlreiche Bilder und Erklärungen, aber auch mögliche Probleme und deren Lösungen. Am Ende des Kapitels werden noch die speziellen Fälle behandelt. Speziell meint hierbei, ältere oder kranke Pferde, aber auch Gangpferde, die durch ihren Bewegungsapparat rassespezifisch trainiert werden sollten. Der wichtigste Hinweis kommt gleich zu Beginn. Bei der Arbeit mit älteren oder kranken Pferden, sollte zunächst ein Tierarzt konsultiert werden, aber prinzipiell schließt die Autorin die Arbeit nach dem Longenkurs nicht aus.

Abschließend lässt sich sagen, dass der Name Kurs durchaus berechtigt ist, denn es handelt sich hierbei um ein wirklich umfassendes Werk mit geballten Informationen. Obwohl einige Abschnitte sich mit anatomischen und teils sogar wissenschaftlichen Aspekten beschäftigen, lässt sich der Longenkurs dennoch gut und verständlich lesen. Inhaltlich ist er sowohl für Anfänger, aber auch für Profis, die einem neuen Weg des Longierens offen gegenüber stehen, geeignet. Die Bilder bieten eine wichtige Grundlage zum Selbstlernen und auch das dazugehörige Onlineportal mit den Videos, und meiner Meinung nach auch die Facebookgruppe zum Fragen stellen, ergänzen den Kurs umfassend. Wer nicht gut aus Büchern und Videos lernen kann, der hat die Möglichkeit sich von Babette Teschen selbst auf einem Live-Kurs Hilfe zu holen. Mich persönlich hat der Longenkurs mehr als überzeugt. Ich habe meine Einstellung zum Longieren, aber auch die generelle Arbeit mit dem Pferd grundlegend überdacht, denn Kurs inspiriert auch stark zum Hinterfragen (Bsp. Hilfszügel). Von mir gibt es eine klare Kaufempfehlung, für diese meiner Meinung nach Pflichtlektüre in Sachen Longenarbeit!

Infos zum Kurs
Originaltitel:Der neue Longenkurs – Verbessert, überarbeitet und umfassend ergänzt: ein Trainingsprogramm nach den Grundsätzen der Biomechanik des Pferdes
Autor:Babette Teschen, unter Mitarbeit von Tania Konnerth und Lisa Kittler
Copyright: Babette Teschen & Tania Konnerth GbR
Erhältlich unter: www.wege-zum-pferd.de
Jahr:2011

Buchrezension: Bodenarbeit und Führtraining: So bleibt ihr Pferd gesund und fit von Britta Reiland

Rezension

Tierphysiotherapeutin Britta Reiland gibt Kurse zum Thema Bodenarbeit und geht dabei besonders auf die Biomechanik des Pferdes, sowie dessen natürliche Schiefe ein. Ihr Trainingskonzept basiert auf einem starken Vertrauensverhältnis zwischen Pferd und Reiter, sowie einem artgerechten, gesunderhaltenden und konsequenten Umgang im Alltag. In Ihrem Buch “Bodenarbeit und Führtraining – So bleibt ihr Pferd gesund und fit” beschreibt sie ein maßgeschneidertes Ausbildungsprogramm für eine abwechslungsreiche und sinnvolle Beschäftigung mit dem Pferd vom Boden aus.

Zu Beginn des Buches lädt die Autorin dazu ein, mithilfe eines Selbsttestes, den Typ des eigenen Pferdes zu bestimmten. Das Ergebnis soll dem Leser helfen die individuelle Startübung maßgeschneidert auf den eigenen Pferdetyp zu finden. Zudem kann dadurch nach einigen Wochen Training die Veränderung des Pferdes sichtbar gemacht werden.

Im ersten Teil beschreibt Britta Reiland typische Alltagssituationen zwischen Pferd und Mensch. Sie geht dabei auf mögliche Probleme ein, welche im großen Kontext eine starke Auswirkung auf die gesamte Arbeit mit dem Pferd haben können. So kann schon ein Abwenden des Pferdes auf dem Paddock auf eine falsche Rangordnung zwischen Mensch und Pferd hinweisen. Sie gibt anschließend gezielte Übungen zum Lösen der Probleme vor. Diese Grundlagen im alltäglichen Umgang, so sagt sie, sind der Schlüssel für die erfolgreiche weitere Arbeit mit dem Pferd. Anschließend gibt die Autorin einige allgemeine Hinweise, die jeder Pferdemensch beim Trainieren beachten sollte. Man sollte sich immer wieder verinnerlichen, dass die vorgegebenen Ziele nicht immer sofort zu erreichen sind. Britta Reiland rät dazu, sich Zeit zu nehmen, so viel wie eben nötig ist, sich selbst nicht unter Druck zu setzen und auch mal Rückschläge zu akzeptieren. Ich persönlich denke diese Worte treffen auf das gesamte Miteinander zwischen Mensch und Pferd zu und finde es sehr gut, dass die Autorin sich diesem Thema vor Beginn des eigentlichen Übungsprogrammes annimmt.

Es folgt eine kurze Erläuterung der Hilfsmittel. Britta Reiland legt sich hier auf keine Zäumung fest, sondern rät vielmehr dazu, das gewohnte aber gut sitzende Zubehör zu benutzen. Und schon geht es los mit dem zweiten Teil und einem Überblick über das gesamte Führübungsprogramm. Es werden insgesamt 12 Übungen unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades vorgestellt. Dazu gibt es tabellarisch erfasste Trainingspläne, die das Erreichen der vorgestellten Ziele erleichtern sollen. Übung 1 bis 5 nennt sie Basisübungen, die unbedingt sitzen sollten. Bei jeder Übung erklärt die Autorin sehr detailliert, was gefordert ist, wie man es umsetzt und was dabei schief gehen kann. Durch diese genaue Beschreibung fällt es einem leicht sich die richtige Ausführung der Übung bildlich vorzustellen. Bei den ersten 5 Übungen geht es vor allem um die richtige Position beim Führen, das Tempo, das Anhalten, das Wechseln der Führseite und das Zirkeln bis hin zur leichten Biegung. Zunächst erscheinen die Aufgaben recht simpel, doch wenn man sie dann einmal selbst mit dem Pferd bewusst ausprobiert, so merkt man schnell, wie schwer und damit wie wichtig diese Grundlagenarbeit ist.

Weiter geht’s mit den 5 Folgeübungen, welche den Schwierigkeitsgrad nun Stück für Stück erhöhen. Man merkt beim Lesen schnell, dass die Autorin ihr physiotherapeutisches Fachwissen in die Entwicklung der Übungen mit einfließen lassen hat. Sie erklärt sehr detailliert, welche Übung für welche Muskelgruppe besonders gut ist und auch welche Risiken bei der falschen Anwendung entstehen können. So kann eine zu früh zu stark geforderte Biegung zu schädlichen Ausweichbewegungen führen. Die Übungen 6 bis 10 bestehen aus verschiedensten Zirkeln und Volten und enden mit ersten Bodenarbeitsstangen. Auch hier erklärt sie wieder sehr ausführlich das Vorgehen und worauf man besonders achten muss. Die letzten beiden Übungen sind nun für Fortgeschrittene, denn es folgt die Einbindung des Trabes.

Im dritten Teil des Buches geht es um die Arbeit mit Bodenelementen. Diesem Trainingsschritt sollte man sich, so rät die Autorin, erst widmen, wenn Übung 1 bis 12 sitzen. Sie erklärt zunächst den Sinn der Arbeit mit Bodenhindernissen und erklärt anschließend, dass das weitere Training vor allem vom jeweiligen Pferdetyp abhängig ist. Sie beschreibt nun sehr genau anhand von charakterlichen und bewegungstechnischen Besonderheiten, wie sich die Eigenheiten der unterschiedlichen Pferdetypen bemerkbar machen und wie man darauf gezielt einwirken kann. So gibt es beispielsweise die Eiligen, welche häufig eine gewisse Grundanspannung mitbringen, die es zunächst zu lösen gilt. Es gibt aber auch das Pendant dazu – die Faulen, welche mehr motiviert werden müssen als andere. Britta Reiland beschreibt noch 8 weitere unterschiedliche Typen, und empfiehlt für jedes Problem gezielte Übungen und Ansätze zur weiteren Arbeit.

Anschließend geht es nun um die konkreten Bodenhindernis-Übungen. Jede einzelne Übung wird sehr übersichtlich via Skizze veranschaulicht. Es gibt verschiedene Variationen im konkreten Ablauf, sodass man abwechslungsreich mit jedem Hindernis arbeiten kann. Auch hier werden wieder das jeweilige Ziel, der Weg dorthin und worauf man besonders achten muss beschrieben. Auch werden wieder die konkret trainierten Muskelgruppen benannt.  Der Schwierigkeitsgrad nimmt von Übung zu Übung zu und auch der Aufwand vom Aufbau der Hindernisanordnungen steigert sich. Viele Fotos veranschaulichen zudem die Arbeit und die Postion des Menschen dabei.

Wer nach langem Lesen Angst bekommt, dass er nicht genügend Hindernisse zur Verfügung hat, dem wird auf den letzten Seiten des Buches geholfen. Ein besonderes Lob gibt es für die kostengünstigen Basteltipps der Autorin, denn nicht Jeder hat eine volle Ausstattung an Stangen und Pylonen im Stall stehen.

Insgesamt ein sehr gelungenes Buch, was sowohl für Fortgeschrittene in Sachen Bodenarbeit, als auch für Neueinsteiger eine sehr sinnvolle Investition darstellt. Vor allem der Fokus auf die Gesunderhaltung durch die beschriebenen Übungen ist besonders Lobenswert. Von mir gibt es eine klare Kaufempfehlung.

Die Autorin Britta Reiland hat sich die Zeit genommen mir ein paar Fragen zu beantworten. Zum Interview kommt ihr mit dem folgenden Link.

Infos zum Buch
Originaltitel:Bodenarbeit und Führtraining: So bleibt ihr Pferd gesund und fit
Autor:Britta Reiland
Verlag: Müller Rüschlikon
Ort: Stuttgart
Jahr:2014
ISBN: 978-3-275-02005-8

Buchrezension: Reiten ohne Sattel und Zaumzeug von Karin Tillisch

Rezension

Karin Tillisch arbeitet seit mehr als 10 Jahren als Fachjournalistin und Fotografin der Pferdewelt. In Ihrem Buch: “Reiten ohne Sattel und Zaumzeug” beschreibt sie das von Ihr entwickelte PEGASUS-Prinzip, welches auf einer starke Vertrauensbasis zwischen Mensch und Pferd basiert. Sie führt den Leser Schritt für Schritt an das zwanglose Reiten ohne Sattel und Zaumzeug heran und geht dabei vor allem auch auf relevante Sicherheitsaspekte ein.

Im ersten Kapitel erzählt die Autorin von ihren eigenen Erfahrungen mit ihrem Wallach Shadow. Sie erklärt dabei vor allem, wie sie auf der Grundlage einer starken Vertrauensbasis die Probleme mit einem zunächst schwer händelbaren Pferd in den Griff bekam und schließlich zum Reiten ohne Hilfsmittel kommt. In diesem Kapitel geht die Autorin bereits eingehend auf die Sicherheitsaspekte ein. Auf einigen Bildern ist sie mit Ihrem Pferd im Gelände zu sehen, dabei häufig mit nicht mehr als einen Halsring oder ein Stöckchen. Sie rät davon eingehend ab, dies leichtsinnig auszuprobieren und empfiehlt das Üben in einer gesicherten Umgebung. Anschließend geht sie auf die verschiedenen Ausrüstungsgegenstände ein, welche in der Umstellung verwendet werden können. Karin Tillisch empfiehlt eine sanfte Umstellung von Trense, auf Sidepull, Halsring und später ganz ohne. Sie erläutert jeden Zaum sehr ausführlich und geht auch auf Qualitätsmerkmale und den richtigen Sitz ein. Sie gibt dabei auch kostengünstige Alternativen an, wie die Verwendung eines Knotenhalfters mit Ringen oder selbst-gefertigte Halsringe aus Yachtschot.

Das zweite Kapitel erklärt ausführlich die anfänglichen Voraussetzungen und erste Schritte der Umstellung auf das gebisslose Reiten.  Hierbei wird vor allem das Neckreining, also die einhändige Zügelführung bekannt aus der Westernreitweise, sehr anschaulich erklärt. Sei empfiehlt bei der Umstellung zunächst zwei Zäume, eine Trense mit  Gebiss und ein Knotenhalfter zu verwenden und mit zwei Zügeln zu reiten. Der Vorteil besteht vor allem in der Sicherheit und in der schonenden Gewöhnung an die neue Hilfegebung. Es werden nun viele Übungen erklärt, die sich nun immer mehr von der Einwirkung via Trense entfernen. Dabei werden die einzelnen Schritte stehts anschaulich und mit kreativen Übungen vermittelt.

Das nächste Kapitel geht vor allem auf das Reiten ohne Sattel ein. Dabei wird nach dem gleichen Prinzip Schritt für Schritt vorgegangen. Die Autorin empfiehlt dabei zunächst mit einem Pad und erstmal wieder mit der Trense zu Reiten. Danach entfernt man wieder Übung für Übung die Einwirkung. Am Ende des Kapitels reitet man ohne jegliche Hilfsmittel.

Karin Tillisch verdeutlicht in diesem Buch, dass es auch anders geht. Sie zeigt auf Ihren Bildern Lektionen der hohen Schule, ohne jegliche Zäumung. Sie beschreibt jede Übung Schritt für Schritt und beachtet dabei stehts relevante Sicherheitsaspekte. So empfiehlt sie auch ausdrücklich die Arbeit mit einer zweiten Person. Sie zeigt auch, dass eine Grundharmonie zwischen Pferd und Reiter die Basis für jede Arbeit darstellt und dass sich durch ein starkes Vertrauensverhältnis alles erreichen lässt, gewaltfrei.

Von mir gibt es ganz klar eine Kaufempfehlung. Das Buch eignet sich hervorragend für den Umstieg auf das gebisslose Reiten, sowie zur Inspiration der gewaltfreien Arbeit auf dem Reitplatz.

Originaltitel:Reiten ohne Satten und Zaumzeug – Über Trauen und Vertrauen
Verlag: CADMOS Verlag GmbH
Ort: Brunsbek
Jahr:2006
ISBN: 3 – 86127 – 550 – 3
Autor:Karin Tillisch